Donnerstag, 10. November 2016

Fernweh: Die Farben Indiens

Für 2017 stehen meine Reisepläne zwar noch nicht en Detail fest, aber da ich derzeit Kriterien wie nicht-zu-weit, nicht-zu-laut und nicht-zu-heiß-nicht-zu-kalt auf mögliche Destinationen anwende, scheidet Indien fürs erste aus. Das ist natürlich sehr schade, aber ein Cluburlaub in Indien ist keine Option und eine Rucksackreise mit einer 3-jährigen klingt nicht nach dem Grad an Erholung für den ich meine Urlaube derzeit brauche.

Um mein Fernweh nach dem bunten, lebendigen, unberechenbaren, lauten Indien aber nicht zu schwer werden zu lassen, werde ich zum einen fleißig weiter indische Filme schauen - und zum anderen habe ich für 2017 einen Kalender, der mir die fulminanten Farben und Impressionen Indiens an die Wand im Büro bringt.
Das Deckblatt "Die Farben Indiens 2017" zeigt das Hawar Mahal in Jaipur.

Im März: Waschfrauen am Yamuna, im Hintergrund das Taj Mahal.
Im November: Der Goldene Tempel in Amritsar.
September: Der Geburtstagsmonat.
Natürlich zeigt der Kalender nur wohl gewählte Ausschnitte sowie die klassischen touristenfreundlichen Sehnsuchtsmotive - ich weiß auch, dass das nicht alles ist und dass Indien viel mehr als ein gutes Fotomotiv ist. Aber bis ich wieder einen Rucksack packe, reicht das erst mal. Für die Gerüche Indiens kann ich übrigens ausgewählte Teile des Frankfurter Bahnhofsviertels empfehlen ...

Und damit es mit der entspannten Urlaubsplanung auch was gibt, habe ich außerdem noch einen Familienkalender für die Küche. Sehr praktisch um mehrere Personen und deren Termine in der Übersicht zu haben und idealerweise weder Geburtstage, Schliesstage in der Kita, Jubiläen oder ähnliches zu vergessen. 

Und wer weiß, vielleicht ruft mich das Abenteuer und ich schreibe ich doch mal Delhi oder Kolkatta rein statt dem schönen Westerwald, der wunderschönen Rhön und meinem lang geliebten Bodensee? 

Und wohin geht Deine nächste Reise?


Donnerstag, 3. November 2016

India’s New Independent Cinema: Rise of the Hybrid

Vergangene Woche hatte ich im Rahmen des Indischen Independent Filmfestivals hier in Frankfurt, die Chance für ein Gespräch mit Ashvin Devasundaram, Dozent für World Cinema an der Queen Mary University in London. Der Autor des ersten Werks zum indischen independent Film "India’s New Independent Cinema: Rise of the Hybrid" stand mir Rede und Antwort zur Gestalt und Bedeutung des unabhängigen indischen Films.

Ashvin und sein Buch im Orfeo's Erben.
Klassischerweise verbinden wir mit indischem Kino vor allem eins: Bollywood. Opulente Filme mit viel Tanz und Gesang, einer nach drei Minuten absehbaren Handlung bei einer Gesamtfilmlänge von etwa drei Stunden, alles perfekter Glanz und Schein bis zum unweigerlichen Happy End. Kritische Themen tauchen am Rande auf, wichtig ist aber die Darstellung einer perfekten Filmwelt. Ashvin weißt darauf hin, dass vor allem die NRI (Not Really Indian/Never Relinquished India1 bzw. eigentlich Non-Resident Indians) diese Filme lieben. Aus der Diaspora zeigt sich ein Bild von einem Land, in dem alle Hürden genommen werden - darüber lässt sich gut eine positive indische Identität aufbauen.

Die unabhängigen indischen Filme sind anders - sie unterscheiden sich nicht nur an der Budgetgröße oder dem Staraufgebot, sie zeigen auch eine ungeschönte Sicht auf die Verhältnisse in Indien (und nach seiner Definition auch in Pakistan, Bangladesh und Sri Lanka) und richten sich primär an ein junges, intellektuelles Publikum in den Großstädten Indiens. Bekannt bei uns sind Filme wie Lunchbox, aktuell ist Parcheed in den Kinos. Das Phänomen der unabhängigen Filme entstand auf der Vorarbeit und unter Einbindung von Elementen aus "postcolonial arthouse, Middle and Parallel Cinema, 1990s urban Hinglish (Hindi with English) films, and also Bollywood". Als die wichtigsten Filme der letzten Jahre in diesem Genre nennt Ashwin Peepli Live (indischer Beitrag zu den Oscars 2010, Sundance und Berlinale Programm), Dhobi Ghat (2010) und der Eyeopener Ship of Theseus (2013). Wenn ihr Zeit, schaut sie euch an!

The book demonstrates how the new Indies are glocal – exhibiting a World Cinema global aesthetic in terms of form and style, but firmly rooted in local stories and content. In other words, it is possible to spot in the Indies, a fissiparous pan-global assortment of filmmaking styles, codes, tropes and grammar. These range in influence from Jean-Luc Godard, Satyajit Ray, Takashi Miike, Wong-Kar-wai, Gaspar Noé, and Mohsen Makhmalbaf to Ken Loach and Alfred Hitchcock. However, the beating heart of these films pumps with themes and issues which are unequivocally Indian. 2
India’s New Independent Cinema: Rise of the Hybrid
Neben den vielfältigen Einflüssen, die einen eigenen Stil zeigen, setzen die unabhängigen Filme aber auch auf Marketing um Aufmerksamkeit zu bekommen.

A good example of these two factors is Aamir Khan's capitalisation on his Bollywood star status to rigorously promote Peepli Live, eventually ensuring its commercial success, both in India and abroad. The film's marketing strategy in India ran the gamut of advertising across TV, print, radio, social media.3
Im Nebensatz verrät mir Ashvin, dass PK, ein ganz klassischer Bollywoodfilm mit Aamir Khan in der Hauptrolle trotz allem zu seinen liebsten Filmen gehört. Außerdem empfiehlt er mir noch den kritischen Mr. and Mrs. Iyer, der die Spannungen und Gewalttaten zwischen Hindus und Moslems in Indien zeigt. Wenn ihr mehr zum indischen unabhängigen Film wissen wollt, könnt ihr entweder das Buch von Ashvin kaufen - oder einfach mal auf Google Books rein lesen.

An dieser Stelle herzlichen Dank an Ashvin für seine Zeit und an Petra Klaus, die Organisatorin des indischen Filmfestivals, die dieses Gespräch ermöglicht hat.

1  Vgl. Tharror, Shashi: India: From Midnight to the Millennium and Beyond.
2  Siehe http://www.litro.co.uk/2016/10/defiantly-different-indias-new-indies-kindling-indian-cinema-revolution/.
Devasundaram, Sahvin: "India's New Independent Cinema: Rise of the Hybrid", London 2016, S.23.

Donnerstag, 27. Oktober 2016

Digitaler Burnout

Der indische Online- und Digitalmarkt ist ein ganz spezieller. Mobiltelefone sind für die allermeisten Nutzer das einzige Endgerät - so gibt es dort zum Beispiel eine Offline-App für YouTube und Google bietet dort einen eigenen Messenger an, während Facebook erfolglos versucht sein Free Basics-Programm mit gratis-aber-zensiertem Internet auf dem Subkontinent zu etablieren.

Während also andernorts noch erschlossen wird ist bei uns schon alles durchdrungen. Wir haben eine Vielzahl von Endgeräten und Apps, sind gefühlt immer online - und immer abgelenkt. Was die digitale Dauerpräsenz für unsere Produktivität bedeutet, wie Glückshormonen mit Likes zusammen hängen und warum es wichtig ist, sein Handy unter Kontrolle zu haben und nicht von ihm kontrolliert zu werden, könnt ihr hier nachlesen. Einen ganz ähnlichen Artikel habe ich auch im Südkurier veröffentlicht, allerdings gibt es ihn dort nur hinter einer Paywall. 

Mittwoch, 28. September 2016

New Generations – Independent Indian Filmfestival 2016

Ende Oktober findet in Frankfurt das unabhängige indische Filmfest New Generations statt. Markiert euch also den 27.-29.10. im Kalender, reserviert Tickets bei Orfeos Erben und seht indische Filme jenseits von Bollywood im Originalton mit englischen Untertiteln. Im Vorlauf zum Festival habe ich mit der Veranstalterin Petra Klaus über das Filmfest gesprochen:

Das indische unabhängige Filmfestival "New Generations" gibt es seit acht Jahren in Frankfurt. Wie kam es dazu?
PK Das Festival zu machen, war die Idee von meinem Kollegen Binu Kurian Joseph im Herbst 2008. Er hatte beobachtet, dass eine neue Generation junger indischer Filmemacher einen ganz anderen Typ von Filmen macht: Independent Filme mit einem neuen Look und Feel und vor allem - ganz wichtig - auch mit anderen Inhalten, die viel näher an der Realität der Menschen war als die Bollywoodfilme mit ihrem Eskapismus. Ich fand die Idee super, und so waren wir das erste Filmfestival, das 2009 die neuen Independent Filme aus Indien präsentierte.
Petra Klaus und Binu Kurian Joseph beim New Generations Festival 2015

Was ist das besondere an den Filmen, die beim New Generations Festival laufen? Was unterscheidet sie vom Mainstream-Bollywood-Kino?
PK Hier möchte ich mit den Worten von Ashvin I. Devasundaram antworten, dem Autor des weltweit ersten Buchs über das neue indische Independent Kino: India’s New Independent Cinema: Rise of the Hybrid: 'Lange wurde Bollywood weltweit als cineastisches Kürzel für Indien angesehen. Allerdings ändert sich das gerade. Der unaufhaltsame Aufstieg des neuen indischen Indie Kinos hat eine stille Revolution ausgelöst. Eine Palette von frischen Filmemacher-Talenten bemalt eine komplett andere Leinwand als Bollywood, und verwendet prägnante, experimentelle alternative und soziopolitisch orientierte Inhalte. Auch wenn die neue Welle der indischen  Independent Filme Bollywood, den langlebigen Potentaten des indischen Kinos, noch nicht entthront hat, beweist deren wachsende Beliebtheit in Indien und in der ganzen Welt, wie unauffällig die neuen Indies auf der indischen Kinobühne aufgetreten sind. – weitestgehend unterschätzt und größtenteils unangekündigt.'
Szene aus Masaan
Ich freue mich schon sehr auf das Festival im Oktober. Besonders gespannt bin ich auf den Short Film Wallah - nachdem ich beim indischen Filmfest in Stuttgart ja schon in der Kurzfilmjury war und dort eine große Vielfalt an Filmen erleben konnte, bin ich neugierig, welche Filme für das Frankfurter Festival in der engeren Wahl sind. Auf welchen Film freust Du Dich dieses Jahr am meisten - und warum?
PK Als Festivalmitorganisatorin freue ich mich natürlich auf alle Filme gleichermaßen, da jeder Film einen besonderen Aspekt hat. "Die Zeit der Frauen" zeigt mutige Frauen, "Ottaal" ein bewegendes Kinderschicksal, "Thithi" ist eine dramatische Komödie, die Kurzfilme verhandeln stellvertretend viele aktuelle Themen. In "Masaan"  prallen überkommene Überzeugungen und neu entstehende Normen und Ambitionen - gerade in Beziehungen - dramatisch aufeinander. In der bewegenden Doku "Song of Lahore" kämpfen Musiker um eine Kunst, die ihr Leben ist.

Vielen Dank für das Interview - wir sehen uns dann im Kino!

Gesamtprogramm New Generations 2016

Alle Filme laufen im Orfeos Erben
Hamburger Allee 45, 
60486 Frankfurt am MainKartenreservierung: 069 707 69 100


Donnerstag, 27. Oktober 2016

20:00 Frankfurtpremiere 
        Zeit der Frauen - Parched (Indien 2015) 




Freitag, 28. Oktober 2016

16:30 Zeit der Frauen - Parched
19:00 Deutschlandpremiere 

         Song of Lahore (Pakistan/USA 2015)
21:00 Short Film Wallah (Indien, weltweit, 2016) 





Samstag, 29. Oktober 2016

14:00 Zeit der Frauen - Parched
17:00 Ottaal (Indien 2015)
18:30 Thithi (Indien 2016)
21:00 Masaan (Indien 2015) 

Mittwoch, 17. August 2016

Making It

In Frankfurt gibt es viele öffentliche Bücherschränke, seit einer Weile auch zwei hier in Sachsenhausen. Ich bin der größte Fan dieses Konzepts und hole mir dort regelmäßig meine Dosis gedruckter Geschichten, die ich anschließend dort auch wieder los werde.

Manchmal sind Klassiker dabei wie neulich 1Q84 von Haruki Murakmi, aber manchmal eben auch besonders hochwertige Exemplare der Belletristik: "Making It" aus dem Jahr 1988 fiel mir kürzlich in die Hände. Für den zeitgenössischen Medienwissenschaftler ist die Darstellung von Telefonaten und den vielfältigen Versuchen Personen zu erreichen übrigens durchaus amüsant - oder wann haben Sie zum letzten Mal in einem Restaurant angerufen, in der Hoffnung dort jemanden zu erreichen?

Glory of the 80's: Coveransicht "Making It", Ruth Carr

Plot: Reiche Frau wird arm, muss arbeiten und verliebt sich neu. Das Buch spielt in London und auf dem englischen Land und kommt natürlich nicht ohne den Quoteninder aus - seine genaue Beschreibung folgt hier:

Anil Patel had come to this country twenty years ago as an extremly poor, gangly teenager from Gujarat in India. He was now an extremly rich, portly, middleaged man who had all but forgotten the days when his English was so poor he would tell people he had been to have his legs photocopied when he'd been for a chest X-ray.
Anil realised very early on that while his English teachers might teach him not to dangle his participles and could correct his written English so that it read: "I go for a walk in the park" rather than "I go for a wank in the park", they could not teach him how to make a living. He duly let the English language take care of itself and went on to opening garages, newsagents', fast food outlets and buying and selling property - some of which he was now showing me round.
I had never seen a flat so small. It wasn't really a flat - it was a room with a bed and a kitchen sink. The smell of barbecued chicken was strong - it would be like living over a chip shop - but I suppposed I could always keep the window open. [...] Across the landing was an evil-smelling loo and a bath [...] "You share with the peoples," Anil informed me. The rent was extortionate. [...] "You give me week's rent in advance," said Anil, who had not made his money through being slow. "I have man from Bangladesh who want this flat but I like you." [...] "I'll take it."
Aus Carr, Ruth: "Making It", London 1996, S.255f.

Diese kurze Beschreibung einer Person zeigt viele stereotypen Eigenschaften von Indern in England: die unvollständige Aneignung der englischen Sprache, der Geschäftsinn aus noch dem kleinsten einen Profit zu schlagen und generell sehr geschäftstüchtig zu sein und natürlich auch in Verhandlungen gute Argumente zu haben.

Heute leben etwa 1,5 Millionen Inder (gebürtig aus Indien oder in Großbritannien geborene Inder) im Vereinigten Königreich, das sind 2,3% der Gesamtbevölkerung, die Mehrheit davon lebt in London. Siehe dazu auch Wikipedia.

Dienstag, 9. August 2016

Unnoticed: Children of JNU Construction Workers

Schon seit vielen Jahren gibt es an der JNU ein Projekt namens "Unnoticed". Studenten unterstützen ehrenamtlich die Kinder der Arbeiter auf dem Campus. Sie sorgen dafür, dass diese in die Schule gehen, geimpft werden und auch nachmittags eine Betreuung bekommen, die über einen normalen Lehrplan hinaus geht. Dieses Video zeigt sehr lebendig, wie die konkrete Hilfe vor Ort umgesetzt wird und was der Einsatz der Studenten für die Kinder und ihre Familien bedeutet. Spenden an diese Organisation zu senden ist schwierig, vor Ort werden aber Gelder durch Fotoausstellungen und Kalender generiert, die Arbeit der Studenten ist ehrenamtlich. Auch auf Facebook.

Donnerstag, 7. Juli 2016

Indisches Filmfest Stuttgart

Von manchen Dingen träumt man ja ein Leben lang, etwa Sharukh Khan zu treffen oder mal bei einem Filmfestival nicht nur über den roten Teppich zu laufen, sondern auch in der Jury zu sitzen. Dieser Traum wird jetzt für mich wahr: in 2 Wochen werde ich in Stuttgart beim Indischen Film Fest zusammen mit Huan Vu und Insa Wiese aus 16 nomierten Kurzfilmen einen Gewinnerfilm wählen.

Auf dem Festival werden übrigens nicht nur viele tolle Filme als Deutschland oder sogar Europapremiere gezeigt, sondern es gibt auch ein cooles Rahmenprogramm mit Tanz, Tabla, Ausstellungen und vielem mehr. Ich freue mich schon sehr auf Stuttgart (seit kurzem auch eine von 7 Städten in Deutschland mit einem #DMW-Quartier!!) und natürlich auf die Filme! 
Folgt dem Hashtag #IFFStuttgart oder kommt direkt dort zum Festival für mehr - und funkt mich an!

Mittwoch, 29. Juni 2016

#महिला संघ #Sisterhood

Dieser Beitrag ist Teil der Blogparade #Sisterhood der Digital Media Women e.V.. Ich leite das Quartier der #DMW in Rhein-Main

Diddi! [दीदी] 

In Indien nennt man so die große Schwester im familiären Umfeld. Als ich damals in Delhi war, haben meine exzellente Kommilitonin Anna und ich uns auch so angeredet – schon bevor wir los geflogen sind. Vor Ort wohnte ich auf dem Campus in einem reinen Frauenwohnheim, in dem Männer nur unter strengsten Auflagen erlaubt waren – etwa als Köche oder in der Administration, aber niemals als Besucher. Das Leben dort, in dieser sehr femininen Umgebung war durchaus speziell. Meine Nachbarin im Nebenzimmer war ein Sikh, die Naturwissenschaften auf Ph.D. studiert hat. Da es ihre Religion gebietet, hat sie sich noch nie die Haare geschnitten. Jeden Morgen traf ich sie im Gang vor unseren Zimmern während sie ihre laaaaaangen Haare ausgiebig kämmte. Eine Bewohnerin des Hostels aus Japan hatte aus ihrem 7m² Zimmer ihr Bett zu Gunsten eines Kühlschranks (illegalerweise) verbannt. Sie schlief traditionell einfach auf dem Boden. Eine besondere Begleitung wurde mir durch Rhia zuteil: sie zeigte mir, wie man einen Sari wickelt, wie kompliziert Beziehungen zwischen Männern und Frauen in Indien sind und was es bedeutet, einen unabhängigen Weg zu gehen. Das Gemeinschaftsgeühl unter den Bewohnerinnen war stark, zumal es eine Antagonistin gab: die Madam, die das Hostel leitete. Professorin, Hausdrache und Göttin der Willkür in Personalunion konnte sie je nach Laune unser Leben schwierig machen - etwa bei der monatlichen Abrechnung der Zimmer, für die man mit abgezahltem Bargeld in einem 1h Slot erscheinen musste... 

#Sisterhood heute

Aber genug der folkloristischen Anekdoten - was bedeutet mir die Schwesternschaft, die Verbundenheit mit anderen Frauen allgemein? Meine beiden Schwestern sind natürlich ganz wichtig - und auch wenn wir ganz unterschiedliche Wege gehen, vertraue ich doch beiden zutiefst. Ich habe auch immer viele Freundinnen mit denen ich schwimme, wohn(t)e, reis(t)e, Projekte umsetze und nicht zuletzt mit den DMW und vor allem mit dem Quartier Rhein-Main die Basis für ein richtig starkes Netzwerk. Im Beruf hält es sich momentan in Grenzen mit den Kolleginnen - als Selbstständige habe ich nur die Schreibtischnachbarinnen im Büro. Aber der Austausch mit ehemaligen Kolleginnen und auch die Beratung von Startup-Gründerinnen ist Teil des #Sisterhood - haben wir Frauen doch ähnliche Probleme in vielen Bereichen und gleichzeitig Stärken, die man nie unterschätzen sollte. 

Netzwerken, netzwerken, netzwerken

Mein Weg in die Selbstständig hätte ohne die DMW so nicht statt gefunden und es ist mir daher eine Herzensangelegenheit Frauen zu unterstützen - sei es konkret mit Texten, PR, Social-Strategie und kreativen Ansätzen, oder aber einfach zwischenmenschlich mit zuhören, kleinen Albernheiten, etwas krudem Humor und kleinen Alltagsweisheiten. Nicht, dass ich Männer weniger schätze, aber mit Frauen ist es oft einfacher über fundamentale Dinge einvernehmlich zu sein und entsprechend schwesterliches Verhalten und Vertrauen zu empfinden. Vor allem in der Digitalbranche ist es auf den oft von Männer dominierten Events häufig nur ein Blickwechsel und schon hat man sich mit den wenigen anderen Frauen verbündet - spätestens wenn man sich auf der Toilette trifft. Vielleicht sind das die Altherrenclubs der Zukunft - die Frauenbekanntschaften auf der Toilette, die schließlich starke Seilschaften werden und "diese Sache mit der Gleichberechtigung" irgendwann endlich obsolet machen. Dazu passt mein Vortrag vom #wmfra zu Frauen und Gründung eigentlich ganz gut ;-) 

Dienstag, 12. April 2016

Maria Qamar

Die Verbindung westlicher Popkultur mit traditionellen indischen Werten und Darstellungsweisen ist häufig ein Schauplatz der Komik und des (ungewollten) Humors. Häufig endet die westliche (Pop)Kultur auch einfach im Tragen von Marken und Labels, die Personen dann "westlich, fortschrittlich" erscheinen lassen. Mein Versuch mit Henna Mehendis mit Rockabillysymbolen etc. zu malen, hat sich ja leider (noch) nicht durchgesetzt.

Maria Qamar ist die Vermischung der Siebdruckästhetik à la Roy Lichtenstein mit den Erwartungen der indisch-geprägten Gesellschaft an Frauen besonders gut gelungen. Auch bekannt als @Hatecopy zeichnet die Pakistani-Kanadierin wunderbare Eindrücke aus ihrem Leben ins Netz:


Einen umfassenden Artikel mit noch mehr Bildern findet sich in Broadly und bei Dazed.

Danke an Petra vom New Generations Independent Indian Film Festival, die mich auf Maria Qamar aufmerksam gemacht hat.

Dienstag, 29. März 2016

MASAAN

Jippie - ich habe beim Newsletter von Daniela Cappelutti gewonnen! Am 1. April gehe ich im Rahmen des Lichter Filmfest zur Deutschlandpremiere von Masaan
Hier gibt's den Trailer
  

Mittwoch, 2. März 2016

Interview: Katharina Finke „Mit dem Herzen einer Tigerin“


Katharina Finke
Foto: David Weyand
Katharina Finke, Jahrgang 1985 ist Journalistin, lebt als Global Correspondent aus zwei Koffern und berichtet für verschiedene deutsche Medien, etwa aus Indien für die taz, aus den USA für Spon oder über Besitz im BR. Am 15. März UPDATE: Am 26. April ist Katharina nochmal in Frankfurt und stellt ihr Buch „Mit dem Herzen einer Tigerin“ vor, in dem sie das Schicksal von Amila erzählt, das stellvertretend für die Situation in Indien stehen soll. Ich freue mich schon auf die Lesung und hatte vorab die Chance, Katharina ein paar Fragen zu stellen.

Du bist „Global Correspondent“ – wie kommt man zu so einem Beruf und wie entscheidest Du, von wo und worüber Du als nächstes berichtest? 
KF Man kommt nicht dazu, sondern man – in meinem Fall Frau – muss es wollen: immer wieder an unterschiedlichen Orten der Welt zu leben und von dort zu berichten. Die Entscheidung darüber, von wo und worüber ich berichte, liegt in der Regel bei mir. Denn ich schlage den Print-, Online oder TV-Redaktionen meistens die Themen vor. Die Auswahl der Orte hat unterschiedliche Gründe: in China war ich mit einem Stipendium, in Neuseeland kurz vorm Kino-Start des letzten Hobbit-Films und in Indien für die Buch-Recherche. Ich halte meinen Auftraggeber auf dem Laufende, über meinte Standorte, wodurch auch öfters Themen entstehen. Meine Schwerpunkte dabei sind: Reise, Nachhaltigkeit, Gesellschaft mit Fokus auf sozialen Projekten und Menschenrechtsthemen.

Wie kam es zu dem Kontakt mit Amila, der Hauptfigur aus Deinem Buch "Mit dem Herzen einer Tigerin"? Wie habt ihr konkret zusammen gearbeitet? 
KF 2011 bin ich das allererste Mal nach Indien gereist und war schockiert über die Diskriminierung von Frauen. Deswegen wollte ich unbedingt darüber schreiben. Nachdem ich einen Verlag dafür gefunden hatte, machte ich mich 2014 auf die Suche nach einer Protagonistin und reiste erneut nach Indien. Ich sprach einen Monat lang mit so vielen Frauen wie möglich. Am Anfang fiel es mir sehr schwer eine auszuwählen, weil alle eine Stimme verdient haben. Eine von ihnen war Amila. Was mich an ihr besonders beeindruckt hat, war dass sie trotz ihres eigenen schweren Schicksals es für wichtiger erachtet sich für andere einzusetzen und möchte, dass es den Frauen in Zukunft besser geht. Die Treffen mit ihr wurden durch eine kleine NGO ermöglicht, die sich in verschiedenen indischen Bundesstaaten für Frauenrechte einsetzt. Ich besuchte Amila zuhause und arrangierte mehrere Gesprächstermine mit ihr. Anwesend war, außer uns beiden, eine Dolmetscherin, um Amilas Aussagen von Hindi auf Englisch für mich zu übersetzen. Nicht nur weil Amila Analphabetin ist, wird sie den Text nie lesen, sondern auch weil sie das Buch nicht besitzen darf. Denn ihr Mann darf niemals davon erfahren. Aber ich werde ihr das Buch mit nach Indien nehmen, die Dolmetscherin wird einige Passagen übersetzen und ihr vorlesen. Mit einer englischen Version des Buches wäre das natürlich noch viel einfacher, weswegen unsere Hoffnungen darin sehr groß sind.

Cover: Mit dem Herzen einer Tigerin
Foto: David Weyand
Wie geht es für Amila jetzt weiter? Und was sind Deine nächsten Projekte?
KF Amila wird nach wie vor von ihrem Mann vergewaltigt, aber auch weiterhin von der Organisation betreut. Was nur möglich ist, weil diese ihre eigentliche Motivation nicht preisgibt. Weglaufen ist für Amila keine Option, da sie damit ihre fünf Kinder im Stich lassen würde und mit ihnen wegzulaufen ist quasi unmöglich. Deswegen kämpft Amila dafür, dass vor allem ihre zwei Töchter nicht das gleiche erleiden müssen wie sie.
Um sie dabei zu unterstützen und natürlich auch Amila selbst zu helfen, werden der Fotograf des Buches und ich im Herbst erneut nach Indien reisen. Dafür nehmen wir Spenden entgegen. Außerdem hat der Verlag Geld für Amila zur Verfügung gestellt. Leider kann ich ihr das nicht direkt geben, weil sie es nicht lange behalten könnte. Die derzeitige Überlegung ist daher das Nähzentrum, das von der Organisation vor Ort gegründet wurde weiter auszubauen. Denn es ist ein wichtiger Ort für die Frauen. Wahrscheinlich der einzige, wo sie für sich sein können. Zudem bin ich in Gesprächen mit Initiativen und Organisationen, in Deutschland und in Indien, um Amila zu helfen.
Darüberhinaus versuche ich durch Lesungen in Deutschland mehr Aufmerksamkeit auf die Thematik zu lenken. Denn sie wird uns noch eine Weile begleiten, so wie ich Amila. Ansonsten schreibe ich gerade an meinem nächsten Buch und plane weitere Reisen.
Vielen Dank für das Interview und viel Erfolg und Kraft für Dich und Amila!
Mehr über Katharina gibt es hier. Lesungen des Buches "Mit dem Herzen einer Tigerin" sind am 7.3. in Ludwigsburg, 8.3. in Fürth, 10.3. in Heidelberg, 15.3. in Frankfurt, 21.4. in Dinklage und am 19.5. in Hamburg. Spenden sind willkommen.



Donnerstag, 25. Februar 2016

Master of None

Auf Empfehlung meiner liebsten Monatsschrift habe ich mir die großartige Serie "Master of None" (Netflix) angeschaut. Ideengeber, Schauspieler, Autor und vieles mehr ist der aus der Serie Parks & Recreation bekannte Schauspieler Aziz Ansari, dessen Wurzeln in Tamil Nadu liegen. In Parks & Recreation kommt der von ihm verkörperte Charakter Tom Haverford aus South Carolina und lebt teilweise in einer Scheinehe - seine Frau ist Kanadierin und braucht eine Greencard.
In seiner neuen Serie "Master of None" spielt Ansari Dev Shah, einen 30-jährigen Werbeschauspieler in New York. In dieser RomCom hat auch seine Rolle indische Wurzeln und Ansari lässt sogar seine eigenen Eltern zu Wort kommen und ihre Migrationsgeschichte erzählen (Folge 2 "Parents").  

Die für mich spektakuläre Folge 4 "Indians on TV" beginnt mit einem Zusammenschnitt indischer Charaktere im amerikanischen Kino/Fernsehen von 1990. Da werden bei "India Jones and the Temple of Doom"Affenhirne zum Essen kredenzt, Apu verkauft bei den Simpsons schon Slushee in seinem Convenience Store und wirklich jedes schlechte Klischee wird bedient. In der Folge wird neben des "brownfacings" eines ameriknischen Schauspielers um einen indischen Wissenschaftler in "Nummer 5 gibt nicht auf" darzustellen auch die Frage nach dem indischen Akzent thematisiert. 

Beim Casting für die Rolle eines indischen Taxifahrers weigert sich Dev einen Akzent zu sprechen und kriegt die Rolle nicht. Auf den Hinweis, dass Ben Kingsley in seiner Rolle als Gandhi auch Akzent gesprochen und einen Oscar bekommen habe, erwiedert er: "But he didn't win the Oscar just for doing the accent. I mean, it wasn't an Oscar for Best Indian Accent." Recht hat er.

Kürzlich sah ich Deadpool in Köln in der OV - natürlich ist auch dort Taxifahrer indischDopinder hört auch brav Hindi-Musik und ist verliebt in - tatsächlich scheint das also eine weiterhin präsente klassische Filmrolle zu sein. Die kritische Essenz der Folge "Indians on TV" ist hier noch mal sehr gut zusammengefasst und analysiert.

Ich kann diese Serie wirklich empfehlen - sie verbindet für mich auf bisher einzigartige Weise die leichte Erzählung einer Lebens/Liebesgeschichte mit konkreten Alltagsproblemen, die aber nicht wertend sondern deskriptiv einladen, sich eine eigene Meinung zu bilden.

Donnerstag, 28. Januar 2016

Tollywood statt Bollywod



Schon nach der ersten Minute dieses Videos ist mehr passiert als in einem Till-Schweiger-Tatort in die Luft fliegen kann - und getanzt wurde auch noch. Jeder hat ja schon mal einen Bollywood-Film gesehen - oder zumindest reingezappt - oder davon gehört, dass das diese Filme sind, in denen immer soviel getanzt und gesungen wird und die so ewig lang sind. Das Video stammt aus dem Film Maryada Ramanna und ich bin über dieses *.gif auf den Film aufmerksam geworden.

Tollywood und Telugu

Auch in Telugu spricht der Herr zu uns!
Bollywoodfilme sind generell eher bombastisch und legen keinen großen Wert auf Realitätsnähe, wobei es natürlich auch Ausnahmen gibt. Grundsätzlich gilt das auch für Tollywood-Filme. Diese werden in Telugu produziert, der größten dravidischen Sprache, die von über 74 Millionen Menschen in Indien gesprochen wird (Platz 3 hinter Hindi und Bengali).

Telugu spricht man vor allem im südindischen Bundesstaat Tamil Nadu und angrenzenden Gebieten - allerdings werden diese Filme nicht in Bombay/Mumbai/Bollywood gefilmt, sondern eben in den Tollywood-Studios. Diese befinden sich allerdings bei Hyderabad, das nördlich von Tamil Nadu im Bundesstaat Telangana liegt.


Mittwoch, 27. Januar 2016

Säureangriffe auf Frauen in Indien

Es gibt immer wieder Dinge und Situationen in denen man nur den Kopf schütteln und sich wundern kann - gleichzeitig ist man froh, dass man selber nicht betroffen ist. In Indien und Bangladesch macht Gewalt gegen Frauen in Form von Säureattacken auf Grund von Eifersucht oder als Bestrafung regelmäßig Schlagzeilen. Hier in Deutschland ist es ja zum Glück kein Thema, aber dieser Beitrag des NDR fasst anhand des Schicksals von Lakshmi eindrucksvoll zusammen, was andernorts Alltag ist und wie Lakshmi dagegen kämpft. Ihr Engagement zahlt sich aus, sie ist jetzt Modell und zeigt sich - to "be admired".
Lakshmi (Bild: Screenshot NDR Beitrag)

Lakshmi ist im hinduistischen Pantheon übrigens die Göttin des Wohlstands, des Reichtums und des familiären Glücks - man kann es ihr nur wünschen.